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[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre (Sonstiges)

Rupo, Ruhrpott, Samstag, 03.10.2020, 07:28 (vor 1294 Tagen)

Einheit!

Guten Morgen Deutschland!
30 Jahre Einheit. Bei allen Problemen und offenen Punkten:
Hast du gut gemacht und weiterhin gutes Gelingen beim zusammen wachsen!

Wir haben das gut gemacht

Rolf, Samstag, 03.10.2020, 22:53 (vor 1294 Tagen) @ Rupo

30 Jahre.

Wir haben das wirklich gut gemacht.

Es war eine friedliche Revolution aus dem Osten. Die stand für Freiheit, Demokratie und Mut.

Das sollen UNS alle anderen Länder der Welt erst einmal nachmachen.

Wir haben das gut gemacht

hamwa, Samstag, 03.10.2020, 23:01 (vor 1294 Tagen) @ Rolf

30 Jahre.

Wir haben das wirklich gut gemacht.

Es war eine friedliche Revolution aus dem Osten. Die stand für Freiheit, Demokratie und Mut.

Das sollen UNS alle anderen Länder der Welt erst einmal nachmachen.

Dafür müssten Sie aber erstmal nen Mäuerchen bauen. Sag das mal dem Bäuerchen aus Peru. So wird ein Schuh draus.

Feindliche Übernahme

Eisen, DO, Samstag, 03.10.2020, 11:40 (vor 1294 Tagen) @ Rupo

Habe ich die Woche mal drüber nachgedacht. Wieso keine Fusion, wieso musste die DDR in die BRD brutal integriert werden? Hätte man nicht sich nicht eine neue gemeinsame Verfassung geben und eventuelle institutionelle Schwächen der BRD ausmerzen können und gute Dinge der DDR übernehmen?

Ich weiß, alles hoch komplex und kompliziert, aber ich kann den Frust der Ossis schon verstehen. Obwohl es keine Blaupause gab ist vieles sehr unglücklich gelaufen. Der Westen hat den Osten einfach geplündert.

Die Väter unserer Verfassung ...

DB146, Lokschuppen, Samstag, 03.10.2020, 23:00 (vor 1294 Tagen) @ Eisen

... wollten eben keine Übernahme. Geplant war, dass unsere heutige Verfassung quasi nur eine Übergangslösung bis zu einer Wiedervereinigung wird und dann für das wiedervereinte Deutschland eine neue Verfassung erarbeitet wird, in der sich dann beide Einzelstaaten wiederfinden. Daher wurde das Ganze auch Grundgesetz genannt und nicht Verfassung.

Die Idee war vielleicht gar nicht so dumm.

Feindliche Übernahme

herrNick, Samstag, 03.10.2020, 15:05 (vor 1294 Tagen) @ Eisen

Habe ich die Woche mal drüber nachgedacht. Wieso keine Fusion, wieso musste die DDR in die BRD brutal integriert werden? Hätte man nicht sich nicht eine neue gemeinsame Verfassung geben und eventuelle institutionelle Schwächen der BRD ausmerzen können und gute Dinge der DDR übernehmen?

Ich weiß, alles hoch komplex und kompliziert, aber ich kann den Frust der Ossis schon verstehen. Obwohl es keine Blaupause gab ist vieles sehr unglücklich gelaufen. Der Westen hat den Osten einfach geplündert.

Die Stimmung war seinerzeit schon insgesamt nach „schnell machen“. Und es war ja auch der naheliegende Ansatz: das eine System war gerade gescheitert, das andere stand ganz solide da und viele Ostdeutsche haben sich Zustände wie im Westen gewünscht.

Interessant und Danke..

YUMADBRO, Samstag, 03.10.2020, 14:51 (vor 1294 Tagen) @ Eisen

...dass das Thema auch von dieser Sichtweise betrachtet wird.

Ich selbst bin im Osten aufgewachsen - auch schon vor der Wiedervereinigung. Dadurch, dass ein Teil meiner Großeltern direkt an der Grenze zur damaligen BRD lebten habe ich auch das Thema Grenzegebiet sehr direkt mitbekommen.

Schon damals war der "Westen" ein Traum, der unerreichbar schien. Man konnte von einem Berg/Hügel hinterm Dorf in das benachbarte westdeutsche Dorf schauen (bloß nicht von den Grenzern erwischen lassen). Alles sah lebendiger, bunter und ja: auch freier aus. Unererreichbar..

Als die Grenzöffnung passierte war das natürlich mit so viel Freude und Hoffnungen auf ein besseres Leben in eben diesem "Paradies" verbunden.

Dass wir von der Denkweise jedoch nicht auf den Kapitalismus eingestellt waren sind eben Dinge passiert, die im Nachhinein aus ostdeutscher Sicht als Abzocke und "Übers-Ohr-Hauen" bezeichnet werden können. Aus westdeutscher Sichtweise war es wohl eher "finanziell profitieren". Die Themen Grundstücke und Immobilien wurden bereits genannt. Ich zähle besonders in der Anfangszeit auch deb Gebrauchtfahrzeugmarkt dazu. Da wurden ja fast sämtliche irgendwie noch fahrbereiten Autos in Richtung OSten gebraucht und zu völlig übehöhten Preisen verkauft - es waren aus unserer Sicht ja Traumautos (im Vergleich zu Trabant, Wartburg, Skoda, Zaparosz, Dacia etc.).

Ich denke, dass viele einfach zu blauäugig waren. Und die damit verbundenen enttäuschten Hoffnungn und Erwartungen, die man an das selbsterklärte Paradies hatte eben über die Jahre zu einer gewissen Frustration führten.

Leider wurde ja anfangs automatisch auch alles aus der DDR auf einmal als falsch und schlecht erklärt. Aber - auch wenn das ein lustiger running gag ist: "Es wor jo nisch olles schleschd" :-)

Z.b. empfinde ich ein einheitliches Schulsystem aller Bundesländer als Vorteil. Ebenso waren Kinderkrippen und -gärten hervorragend organisiert. Als Familie hatte mal Vorteile und es wurde vom Staat sehr gefördert.

Auch der kollegiale Zusammenhalt auf Arbeit war deutlich anders. Es war mehr ein "Gemeinsam" als das jetzige Karrierestreben mit Ellenbogenmentalität (wobei es da natürlich unterschiedlich starke Ausprägungen gibt). Ich habe es in meiner beruflichen (gesamtdeutschen) Laufbahn leider mehrfach miterlebt/beobachtet, dass Menschen auf Grund der eigenen Agenda keine Skrupel haben und andere für ihren Erfolg opfern. Das war schon sehr schockierend und wenn man dann noch sieht, dass soetwas (inkl. Lobbying und Strippenziehen im Hintergrund) mit Beförderungen belohnt wird ist das schon auch ernüchternd, da leider nicht mehr der Mensch im Vordergrund stand. So langsam scheint sich ja das Denken in Unternehmen in Richtung "Mensch" zu verschieben..das ist eine angenehme Entwicklung, auch wenn es anfangs nur mit unternehmerischem "purpose", "Leitwerten" oder Quoten definiert und erklärt werden muss.

Andererseits sind aus westlicher Sicht die Folgen für das Rentensystem z.B. natürlich fatal gewesen.

Definitiv ein interessantes Thema, wo Wunden auf beiden Seiten noch verheilen und eventuelle Enttäuschungern noch verarbeitet werden müssen.
Aber ich bin überzeugt, dass jetzt zusammen ist was zusammen gehört.

Aus dem Grund allen "einen schönen Feiertag".. :-)

Interessant und Danke..

Rupo, Ruhrpott, Samstag, 03.10.2020, 15:48 (vor 1294 Tagen) @ YUMADBRO

Wir müssten uns mal aufmachen und ein neues System etablieren. Der "staatliche demokratische" Sozialismus hat nicht funktioniert, die kapitalistische "soziale" Marktwirtschaft funktioniert auch nicht.

Insofern wäre es vielleicht gut wenn man sich mal um das Wissen um beide Systeme auf zu einem neuen machen würde.

Beste Grüße,
Thomas

Interessant und Danke..

TerraP, Köln, Samstag, 03.10.2020, 14:55 (vor 1294 Tagen) @ YUMADBRO

Auch hier würde ich sagen: Fatal waren die Folgen fürs Rentensystem schon mal nicht. Es existiert weiterhin, obwohl es schon totgesagt wurde, als ich noch nicht wahlberechtigt war. ;-)

Schönen Feiertag!

Feindliche Übernahme

rudi58, Saarland, Samstag, 03.10.2020, 13:54 (vor 1294 Tagen) @ Eisen

So ist es. Ich war letztes Jahr in Leipzig mit einem Busunternehmen, zur Städtetour.
Leipzig ist eine wunderschöne
Stadt geworden. Da denkt man sich, die Einwohner müssten doch stolz auf ihre Stadt sein.
Beim Gespräch mit einem Leipziger habe ich dann erfahren, dass den Einheimischen
die Stadt größtenteils gar nicht mehr gehört. Viele
Immobilien sind von Westdeutschen aufgekauft worden. Der Gesprächspartner
hatte das Gefühl, das die in
Immobilienangelegenheiten unerfahrenen Hausbesitzer in Leipzig, von
den Banken, Versicherungen und
Wohnungsbaugesellschaften aus dem Westen übelst abgezockt worden sind. Er fühlt sich mittlerweile fremd in seiner Heimatstadt. Auch ein Punkt
der mich nachdenklich gemacht hat, ob das alles in Ordnung war.

Feindliche Übernahme

Philipp54, Samstag, 03.10.2020, 22:15 (vor 1294 Tagen) @ rudi58

So ist es. Ich war letztes Jahr in Leipzig mit einem Busunternehmen, zur Städtetour.
Leipzig ist eine wunderschöne
Stadt geworden. Da denkt man sich, die Einwohner müssten doch stolz auf ihre Stadt sein.
Beim Gespräch mit einem Leipziger habe ich dann erfahren, dass den Einheimischen
die Stadt größtenteils gar nicht mehr gehört. Viele
Immobilien sind von Westdeutschen aufgekauft worden. Der Gesprächspartner
hatte das Gefühl, das die in
Immobilienangelegenheiten unerfahrenen Hausbesitzer in Leipzig, von
den Banken, Versicherungen und
Wohnungsbaugesellschaften aus dem Westen übelst abgezockt worden sind.
Er fühlt sich mittlerweile fremd in seiner Heimatstadt. Auch ein Punkt
der mich nachdenklich gemacht hat, ob das alles in Ordnung war.

https://www.lvz.de/Region/Mitteldeutschland/Erfurter-Gruppe-organisiert-Mafia-Geldwaesche-auch-Leipzig-betroffen

30 Jahre

Rupo, Ruhrpott, Samstag, 03.10.2020, 14:44 (vor 1294 Tagen) @ rudi58

Ich war im November 1990 das erste Mal in Leipzig, da hat den Einwohner gar nix gehört und es war auch nicht mehr viel Substanz da.

Wir sind dann von Leipzig nach Dresden gefahren auf ner Landstraße, Kopfstein, Russen Kasernen vorbei...

Dresden sah so aus wie 1990 eben, kaputt und dreckig.
Sind an der Uni in Dresden zur Winter Semester Eröffnung gewesen, bis morgens gefeiert, tolle Menschen mit Aufbruchstimmung!

Danach waren wir noch 2 Tage in Ost Berlin, als man wusste ob man im Osten oder im Westen ist.

Wir haben zusammen viel geschafft und wir werden es noch weiter schaffen!

Ich bin stolz in DIESEM geeinten Deutschland leben zu dürfen, bei all den Problemen und Herausforderungen die war aktuell und zukünftig haben und haben werden.

Feindliche Übernahme

TerraP, Köln, Samstag, 03.10.2020, 14:42 (vor 1294 Tagen) @ rudi58

Der Westen hat den Osten mit riesigen Transferleistungen auf ein wirtschaftliches Niveau gebracht, das heute etwas anders aussieht als das aller anderen ehemaligen Staaten des Warschauer Pakts. Woher kommt nur diese Besessenheit, immer alles zur Katastrophe reden zu müssen?

Ökonomisch klar denkende Menschen freuen sich im Übrigen normalerweise auch über Investitionen, nicht nur über Geschenke. Aber die Menschen in der ehemaligen DDR haben ja beides bekommen.

Aber klar ist auch vieles schlecht gelaufen, und klar waren vermutlich auch viele Entwicklungen, die gesamtgesellschaftlich sinnvoll sind, für einzelne hart, wurden Lebensentwürfe zerstört und Menschen traumatisiert.

Ich habe selbst familiäre Verbindungen in ein anderes osteuropäisches Land. Meine Angehörigen da haben nach wie vor nicht ihren Frieden mit dem neuen System gemacht - teils, weil es ihnen vorher nicht schlecht ging, teils weil sie weiterhin keinen funktionierenden Staat haben.

Objektiv hat das bei uns in den vergangenen 30 Jahren einfach verdammt gut geklappt, alles in allem.

Feindliche Übernahme

Lattenknaller, Madrid, Samstag, 03.10.2020, 12:21 (vor 1294 Tagen) @ Eisen
bearbeitet von Lattenknaller, Samstag, 03.10.2020, 12:36

Habe ich die Woche mal drüber nachgedacht. Wieso keine Fusion, wieso musste die DDR in die BRD brutal integriert werden? Hätte man nicht sich nicht eine neue gemeinsame Verfassung geben und eventuelle institutionelle Schwächen der BRD ausmerzen können und gute Dinge der DDR übernehmen?

Ich weiß, alles hoch komplex und kompliziert, aber ich kann den Frust der Ossis schon verstehen. Obwohl es keine Blaupause gab ist vieles sehr unglücklich gelaufen. Der Westen hat den Osten einfach geplündert.

Weil es die Mehrheit der Deutschen so wollte, auch in Ostdeutschland.
Schau Dir die Ergebnisse der Volkskammerwahl vom 18.03.1990 an.
Bestätigt durch die Ergebnisse der Wahl vom 02.12.1990.
Mit Bündnis 90, Grüne und SPD wurden die abgestraft, die nicht schnurstracks eine Übernahme wollten.
Und es gab genug Stimmen, auch und v.a. die von Lafontaine, die auf andere Wege hinwiesen.

P.S. Das war meine erste Bundestagswahl, an der ich teilnehmen durfte.
Auch wenn das Ergebnis absehbar war, war ich entsetzt, wie die Leute dem Rhinozeros dumpf hinterließen.
Lafontaine war damals Heilsbringer für uns.

Feindliche Übernahme

pactum Trotmundense, Syburg, Samstag, 03.10.2020, 14:34 (vor 1294 Tagen) @ Lattenknaller

Lafontaine war damals Heilsbringer für uns.

Die Wahl hat den Mann verändert. Danach wurde er zunehmend ein richtiges Arschloch. Die Wahl 1990 war für mich auch der letzte Beweis, dass die Menschen gar nicht wollen, dass Politiker die Wahrheit sagen. Alles, aber auch wirklich alles, was die SPD damals an Folgen prognostiziert hat, ist eingetreten. Was hat man die Sozis damals aus Reihen von Union und FDP angegriffen. Man nannte sie Vaterlandsverräter, Kommunistenfreunde, Schlechtmacher und das war noch das harmloseste. Man unterstellte der SPD sie wäre gegen eine Einheit und verunglimpfte sie als Gegner des Ostens. Von vaterlandslosen Gesellen war die Rede.

Wie dem auch sei. Die Propaganda der Union hat im Osten so gut verfangen, dass sie auf über zwei Jahrzehnte dort die alles bestimmende politische Kraft wurde. Absolute Mehrheiten für die CDU waren doch dort der Normalfall. Nee, Leute. Der Osten hat bekommen, was er gewählt hat. Die Union hat nie einen Hehl daraus gemacht, was sie vor hat. Einzig bei den Kosten haben sie die Menschen belogen, Stichwort Portokasse. Jetzt die Verantwortung vom eigenen Wahlverhalten auf böse Kräfte von Außen abzuschieben, ist mir zu billig.

Feindliche Übernahme

pactum Trotmundense, Samstag, 03.10.2020, 16:18 (vor 1294 Tagen) @ pactum Trotmundense

Lafontaine war damals Heilsbringer für uns.


Die Wahl hat den Mann verändert. Danach wurde er zunehmend ein richtiges Arschloch.

Warum sehen viele in Deutschland Herr Lafontaine so negativ? Meine Frage ist ernst, es ist keine Kritik an deine Meinung. Ich beschäftige mich mit deutscher Politik, aber aus der Entfernung. Mir schien Lafontaine mehr intelligent und gebildet als viele andere deutschen Politikern. Er hat die SPD exitiert, das ist kein Verbrechen. Er hat, wenn ich alles richtig verstehe, eine kritische Perspektive auf Immigration. Auch das ist nicht verboten, er bringt solide Argumente zu seinem Punkt. Warum ist er ein "Arschloch"?

Feindliche Übernahme

pactum Trotmundense, Syburg, Samstag, 03.10.2020, 19:55 (vor 1294 Tagen) @ PackieBonner

Warum sehen viele in Deutschland Herr Lafontaine so negativ?

Er war der erste Ministerpräsident, der Studiengebühren einführte. Er war auch der erste Ministerpräsident, der den Bundesrat für Parteipolitik missbrauchte um die Bundesregierung zu torpedieren. Nicht zu vergessen wie er einen Anti-Asyl-Kompromiss mit der Union vereinbarte und in der Partei durchboxte. Danach wurde das Grundgesetz geändert und das Asylrecht beschnitten.

Auch habe ich nicht vergessen wie er Schröders Bemühen um die Einführung eines Mindestlohns direkt im Keim erstickte. Als Finanzminister hat er die massivsten Steuersenkungen für das obere 10% der Bevölkerung in der Geschichte der Bundesrepublik eingefädelt und umgesetzt. Kurz danach hat er sich unter fadenscheinigen Begründungen verpisst, weil Schröder sich nicht von Lafontaine regieren lassen wollte.

In der Folge hat er alles getan um der SPD maximalen Schaden zuzufügen, nur aus gekränktem Ego heraus. Auf einmal entdeckte er, dass sein Herz angeblich links schlägt, nachdem er selbst stets rechte SPD-Politik betrieben hat. Dinge, die er selbst zuvor bekämpft hat, wie den Mindestlohn, hat er auf einmal vehement gefordert. Auf der anderen Seite verurteilte er die Steuersenkungen, die er selbst gemacht hat. Er sorgte mit dafür, dass es eine Parteispaltung gab, nur um diese Spaltung dann einer anderen Partei zuzuführen wie eine willige Hure. Dem Mann ging es immer nur um sich selbst, nie um seine Partei und schon gar nicht um die Menschen.

Ich bin wahrlich kein Freund der SPD. Dass die Union aber keinen ernsthaften Widersacher in der politischen Landschaft hat, ist jedoch maßgeblich dem Wirken von Oskar Lafontaine zu verdanken.

Feindliche Übernahme

Philipp54, Samstag, 03.10.2020, 21:59 (vor 1294 Tagen) @ pactum Trotmundense

Warum sehen viele in Deutschland Herr Lafontaine so negativ?


Er war der erste Ministerpräsident, der Studiengebühren einführte. Er war auch der erste Ministerpräsident, der den Bundesrat für Parteipolitik missbrauchte um die Bundesregierung zu torpedieren. Nicht zu vergessen wie er einen Anti-Asyl-Kompromiss mit der Union vereinbarte und in der Partei durchboxte. Danach wurde das Grundgesetz geändert und das Asylrecht beschnitten.

Auch habe ich nicht vergessen wie er Schröders Bemühen um die Einführung eines Mindestlohns direkt im Keim erstickte. Als Finanzminister hat er die massivsten Steuersenkungen für das obere 10% der Bevölkerung in der Geschichte der Bundesrepublik eingefädelt und umgesetzt. Kurz danach hat er sich unter fadenscheinigen Begründungen verpisst, weil Schröder sich nicht von Lafontaine regieren lassen wollte.

In der Folge hat er alles getan um der SPD maximalen Schaden zuzufügen, nur aus gekränktem Ego heraus. Auf einmal entdeckte er, dass sein Herz angeblich links schlägt, nachdem er selbst stets rechte SPD-Politik betrieben hat. Dinge, die er selbst zuvor bekämpft hat, wie den Mindestlohn, hat er auf einmal vehement gefordert. Auf der anderen Seite verurteilte er die Steuersenkungen, die er selbst gemacht hat. Er sorgte mit dafür, dass es eine Parteispaltung gab, nur um diese Spaltung dann einer anderen Partei zuzuführen wie eine willige Hure. Dem Mann ging es immer nur um sich selbst, nie um seine Partei und schon gar nicht um die Menschen.

Ich bin wahrlich kein Freund der SPD. Dass die Union aber keinen ernsthaften Widersacher in der politischen Landschaft hat, ist jedoch maßgeblich dem Wirken von Oskar Lafontaine zu verdanken.

Naja, die Zerstörung der Gewerkschaften, Argenta, Hartz4 lasstet man Schröder an.
Hätte die CDU versucht, solche Reformen als Regierungspartei durchzusetzen, wäre es zu Revolten gekommen.
Der Autokanzler und sein damaliger Vize von den Grünen, später bei BMW, sieht man eher als Verräter der Sozialdemokratie als Lafontaine.

Feindliche Übernahme

pactum Trotmundense, Syburg, Sonntag, 04.10.2020, 10:31 (vor 1293 Tagen) @ Philipp54

Naja, die Zerstörung der Gewerkschaften, Argenta, Hartz4 lasstet man Schröder an.

Ist das nicht geil? Schröder wollte einen Mindestlohn und kündigt ihn beim Parteitag anlässlich des Koalitionsvertrages mit den Grünen im Novemer 1998 an. Der DGB-Vorsitzende macht einen Aufstand und verbittet sich jede Einmischung in die Tarifautonomie, Lafontaine springt ihm als SPD-Vorsitzender bei. Schröder schafft die Minijobs (heute als 450-Euro-Jobs bekannt) ab. Jedes Arbeitsverhältnis hat sozialversicherungspflichtig zu sein, schon um Altersarmut vorzubeugen. Wer macht den Aufstand? Gewerkschaften und die PDS, sowie Lafontaine über seine Kolumne in der BILD. Argument war übrigens: Studenten und Rentner würden sonst keine Jobs mehr finden. Aber sicher.... Die SPD hat krachend drei Landtagswahlen verloren und dem Druck nachgegeben. Man führte die Minijobs wieder ein und schaffte die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer freiwillig eine Rentenpauschale leisten kann.

Kommen wir zur Agenda und Hartz. Jeder mir bekannte linke(!!) Volkswirtschaftsfuzzi sagt, dass der Ansatz der Agenda 2010 richtig war. Was diese Agenda so schlecht machte, war der Umstand, dass sie gar nicht umgesetzt wurde. Es war geplant die Rente auf eine weitere Säule zu stellen, so wie man das aus der Schweiz z.B. kennt, wo neben der staatlich garantierten Grundrente eine paritätisch finanzierte private Zusatzrente gezahlt wird. Diesen Zweck sollten die Riester- und Rürup-Renten erfüllen. Natürlich ging die private Versicherungsindustrie auf die Barrikaden, weil das Gesetz vorsah, dass die Versicherungsunternehmen eine Grundrendite garantieren müssen. In den Jahren als diese Renten diskutiert wurden, haben die Versicherungsverbände über 8 Milliarden Euro für Lobbyarbeit ausgegeben. Die Teile wurden massiv torpediert und Union und FDP haben im Bundesrat diese Renten stark kastriert, so dass sie sich für Menschen ab 35 nicht mehr lohnen.

Hätten Schröder und Rot-Grün sich bei den beiden Punkten, Minijobs und Rente, durchgesetzt, würde man heute nicht über Altersarmut reden, zumindest nicht in dem Umfang. Da sind sich Volkswirtschaftler sicher.

Kommen wir zur Hartz-Gesetzgebung. Man muss sich das Hartz-Konzept einmal anschauen und dann neben das Gesetz legen, was am Ende entstanden ist. Wer da noch Gemeinsamkeiten neben dem Namen findet, ist echt gut. Das Konzept war, so erklärte es mir ein befreundeter Volkswirt mal, gar nicht verkehrt. Das verkrustete Arbeitsamt wurde komplett umgekrempelt. Zu dem Zeitpunkt waren 70% der dort beschäftigten Menschen mit Aufgaben beschäftigt, die nichts mit dem Arbeitsmarkt zu tun hatten. Weder Vermittlung, noch Leistungszahlung, noch Arbeitsplatzakquise. Hinzu kam, dass Sozialhilfeempfänger außen vor waren. Diese Langzeitarbeitslosen wurden vom System aufgegeben. Da wollte man dran.

Das Konzept "Fördern und Fordern" hat man sich aus Skandinavien abgeschaut, was bei Sozialdemokraten, warum auch immer, irgendwie als gelobte Region der sozialen Glückseligkeit angesehen wird. Auch wollte man Weg davon, dass Arbeitslose als "Verwaltungsvorgänge" angesehen werden. Deswegen überführte man das System aus der Verwaltungsgerichtsbarkeit in die Sozialgerichtsbarkeit, was in der Folge zu den lustigsten Urteilen führte, aber das ist ein anderes Thema.

Wie konnte es nun dazu kommen, dass das Hartz-Konzept und die Hartz-Gesetzgebung so wenig miteinander zu tun hatten? So wenig, dass Hartz gerichtlich gegen die Verwendung seines Namens bei dem Gesetz vorgehen wollte und sich massiv von dem Gesetzesvorhaben distanzierte? Nun, die Antwort ist ganz einfach. Diese bescheuerten Sozen, die es immer allen Recht machen wollen, fingen an das Konzept zu nehmen und ließen es im Ministerium in Gesetzesform gießen. Allerdings sollte "eine breite gesellschaftliche Phalanx" daran beteiligt sein. Die Idioten haben also in den Gesetzentwurfsprozess eine Kommission eingebunden an der Gewerkschaften und Arbeitgeber beteiligt waren. Die Gewerkschaften fingen an alles kaputt zu machen, was unter "Fordern" fällt und die Arbeitgeber zerschossen das "Fördern". Am Ende kam ein Gesetzeszombie raus, der weder Gewerkschaften, noch Arbeitgebern passte.

Die Gewerkschaften setzten all ihre noch verbliebene Lobbykraft in Kampagnen gegen Hartz. Die damals im Sterben befindliche PDS, die nur noch im Osten nennenswert war, hing sich da dran und baute mit Unterstützung von Lafontaine und Gewerkschaftern die WASG auf und zerhöhlte die SPD von innen. Die Arbeitgeber wiederum setzten auf die Bundesratsmehrheit von Union und FDP. Der Gesetzeszombie wurde im Koalitionsausschuss weiter zerfleddert, ging dann durch drei Lesungen, wo er weiter zerfleddert wurde, nur um dann im Bundesrat an der Schwarz-Gelben Mehrheit zu scheitern. Nun hätte man sagen können, dass man es einfach abbricht und alles beim Alten lässt, aber dafür war es zu spät. Die Behörden befanden sich bereits aufgrund von Hartz I-III im Umbau. Hartz IV musste durch, sonst hätten ab dem 01.01.2005 keine Arbeitslosen- und Sozialhilfeberechtigten Geld erhalten. Der Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat tagte unter einer schwarz-gelben Mehrheit, da die Zusammensetzung des Bundesrates diese Mehrheit im Vermittlungsausschuss her gab. Union und FDP diktierten Rot-Grün dann die letzten Kastrationen, die nickten ab, weil ihnen keine Wahl blieb. Es war Weihnachten 2003 und Januar 2004 musste die Umsetzung begonnen werden, damit es nicht am 01.01.2005 zu einer Katastrophe kommt.

Vom ursprünglichen Hartz-Konzept ist außer dem Namen und einiger Grundgedanken nichts übrig geblieben. Im Prinzip haben die bescheuerten Sozen mit den Grünen einen Gesetz durchgeballert, das ihnen andere geschrieben haben. Zuvorderst Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Union und FDP. Sie kassieren jetzt zu Recht seit 15 Jahren massiv Prügel für ein Gesetz, das nicht einmal Sozi ist. Und alles nur, weil diese Idioten diese bescheuerte linke Denke haben, dass man "große Reformen in einem gesellschaftlichen Konsens debattieren muss". Schröder war ein Vollidiot, weil er überhaupt so dumm war Gewerkschaften und Arbeitgeber mit an den Tisch zu holen.

Wenn die Gewerkschaften heute so rummaulen wie mies doch Hartz IV wäre und was für negative Auswirkungen das doch hat, so werde ich persönlich ehrlich gesagt ein wenig fischig. Die Gewerkschaften haben Hartz IV wesentlich deutlicher geprägt als die SPD. Aber das ist das Schöne an Politik. Man hängt den, der mit seinem Namen und Gesicht dafür steht. In diesem Fall Schröder und die SPD. Die Täter kennt man nur, wenn man sich intensiv mit dem Thema befasst. Abseits der Schlagzeilen. Ich habe aber auch kein Mitleid mit Schröder und der SPD. Politik ist ein scheiß Spiel. Sie wussten worauf sie sich einließen. Was sind die auch so blöd und binden Lobbygruppen direkt ein. Man kann die nach Meinung fragen, aber niemals einbinden.

Hätte die CDU versucht, solche Reformen als Regierungspartei durchzusetzen, wäre es zu Revolten gekommen.

Naja, ich verweise auf die Rolle und Ergebnisse im Vermittlungsausschuss. Eigentlich ist es danach ein Gesetz der CDU gewesen.

Feindliche Übernahme

markus, Sonntag, 04.10.2020, 12:26 (vor 1293 Tagen) @ pactum Trotmundense

Naja, die Zerstörung der Gewerkschaften, Argenta, Hartz4 lasstet man Schröder an.


Ist das nicht geil? Schröder wollte einen Mindestlohn und kündigt ihn beim Parteitag anlässlich des Koalitionsvertrages mit den Grünen im Novemer 1998 an. Der DGB-Vorsitzende macht einen Aufstand und verbittet sich jede Einmischung in die Tarifautonomie, Lafontaine springt ihm als SPD-Vorsitzender bei.

Wir hatten das ja schonmal an anderer Stelle: Verfassungsrechtlich sind staatliche Eingriffe in die Lohnpolitik bedenklich. Es ist Aufgabe der Gewerkschaften, die passenden Löhne auszuhandeln und notfalls mittels Streiks zu erzwingen. Damals hatten wir zudem eine deutlich höhere Tarifbindung als heute. Im Optimalfall zahlt jeder Arbeitgeber einen deutlich höheren Tariflohn und keinen mickrigen Mindestlohn. Dass Gewerkschaften lange Zeit gegen einen Mindestlohn waren, ist deshalb logisch. Schließlich ist es deren Aufgabe für anständige Löhne zu sorgen, da will man sich nicht einfach die Butter vom Brot nehmen lassen.

Der Mindestlohn ist gut für Betriebe/Branchen, in denen die Arbeitnehmer - warum auch immer - sich nicht mehr gewerkschaftlich organisieren. Es sorgt für einen Schutz auf der niedrigsten Ebene. Mehr aber auch nicht. Wer anständig bezahlt und nicht verarscht werden möchte, kann nur den Weg über die Gewerkschaft gehen. Da die Tarifbindung allerdings weiter rückläufig ist, wird es jedes Jahr mehr Mindestlöhner geben. Denn der Mindestlohn steigt in der Regel mit den Tarifabschlüssen gleichmäßig an (die liegen regelmäßig oberhalb der Inflationsrate) und holt somit nach und nach alle nicht tarifgebundenen Arbeitsplätze, die minimal über Mindestlohn liegen, ein. Damit steigt dann auch die Altersarmut an. Mit 0,5 Rentenpunkte pro Jahr kommt man halt nicht weit.

Feindliche Übernahme

pactum Trotmundense, Syburg, Sonntag, 04.10.2020, 14:09 (vor 1293 Tagen) @ markus

Wir hatten das ja schonmal an anderer Stelle: Verfassungsrechtlich sind staatliche Eingriffe in die Lohnpolitik bedenklich.

Darüber streiten sich die Juristen. Es gibt genügend Stimmen, die es sogar für erforderlich halten, dass ein Staat Rahmen setzt und es sogar als seine Aufgabe ansehen Löhne zu steuern.

Damals hatten wir zudem eine deutlich höhere Tarifbindung als heute.

Das ist so pauschal nicht richtig. Schon damals hatte die Tarifbindung ein Niveau erreicht, das von vielen Volkswirtschaftlern zu Warnungen führte. Man befürchtete ein Ende des Sozialfriedens. Kritisiert wurden in erster Linie die Gewerkschaften, die keine nennenswerten Tariferhöhungen mehr durchsetzten, aber auch die Arbeitgeber, die damals mittels Betriebsverlagerungen in den europäischen Osten und China eine faire Tarifpartnerschaft unterliefen. Zum damaligen gesellschaftlichen Klima der Spät-Kohl-Ära zählte aber auch, dass es ziemlicher Konsens war Lohnzurückhaltung diene der Arbeitsplatzsicherung. Das wollte Schröders SPD damals aufbrechen. Insbesondere die Menschen in den unteren Einkommensschichten sollten an den damals existierenden Rekordrenditen der Wirtschaft partizipieren.

Der inzwischen allseits bekannte Friedrich Merz "verdiente" sich seine ersten bundespolitischen Sporen damit genau dieses Denken in der Bevölkerung zu verhindern. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft wurde in der Phase ins Leben gerufen und später in der Schröderzeit dann auch konkret gegründet. Ziel dieses Thinktanks war und ist es, salopp formuliert, den Arbeitnehmern zu "erklären", dass sie die Füße still zu halten haben und es ihnen nur dann gut geht, wenn es den Besitzern des Unternehmens gut genug geht.

Damals entstanden auch die Gleichungen:
- Rekordgewinne = Lohnzurückhaltung um die Wirtschaft nicht zu gefährden damit Arbeitsplätze entstehen
- nur mäßige Gewinne = Lohnzurückhaltung um Arbeitsplätze nicht zu gefährden

Der Witz ist, dass es unseren Firmen seit der Wiedervereinigung bis heute blendend ging. Sicher, es gab immer wieder auch schlechte Phasen für die Wirtschaft oder einzelne Branchen. Alles in allem waren die jährlichen Renditen der deutschen Firmen jedoch immer deutlich über den jährlichen Lohnsteigerungen. Ich habe vor einiger Zeit mal einen netten Artikel gelesen. Weiß nicht mehr wo. Aber wenn ich die Quintessenz des Artikels richtig behalten habe, könnten der Medianlohn, aber auch der Durchschnittslohn heutzutage drei Mal so hoch sein und die Gewinne der Unternehmen wären immer noch vier Mal so stark gestiegen als die Löhne. Ich hoffe ich habe das richtig behalten. Aber man müsste sich auch einfach nur die Renditen der deutschen Unternehmen mit den Lohnsteigerung gegenüber stellen um das zu prüfen. Daten findet man im Netz bestimmt dazu.

Feindliche Übernahme

markus, Sonntag, 04.10.2020, 14:37 (vor 1293 Tagen) @ pactum Trotmundense

Wir hatten das ja schonmal an anderer Stelle: Verfassungsrechtlich sind staatliche Eingriffe in die Lohnpolitik bedenklich.


Darüber streiten sich die Juristen. Es gibt genügend Stimmen, die es sogar für erforderlich halten, dass ein Staat Rahmen setzt und es sogar als seine Aufgabe ansehen Löhne zu steuern.

Naja, die Tarifautonomie soll ja gerade vor staatlichen Eingriffen schützen. Und das ist eigentlich auch richtig so. Denn die jeweiligen örtlichen Gewerkschaften können viel besser beurteilen, wie viel Geld aus dem lokalen Unternehmen rauszuholen ist. Wie soll das der Staat gewährleisten?

Damals hatten wir zudem eine deutlich höhere Tarifbindung als heute.


Das ist so pauschal nicht richtig. Schon damals hatte die Tarifbindung ein Niveau erreicht, das von vielen Volkswirtschaftlern zu Warnungen führte. Man befürchtete ein Ende des Sozialfriedens. Kritisiert wurden in erster Linie die Gewerkschaften, die keine nennenswerten Tariferhöhungen mehr durchsetzten, aber auch die Arbeitgeber, die damals mittels Betriebsverlagerungen in den europäischen Osten und China eine faire Tarifpartnerschaft unterliefen. Zum damaligen gesellschaftlichen Klima der Spät-Kohl-Ära zählte aber auch, dass es ziemlicher Konsens war Lohnzurückhaltung diene der Arbeitsplatzsicherung. Das wollte Schröders SPD damals aufbrechen. Insbesondere die Menschen in den unteren Einkommensschichten sollten an den damals existierenden Rekordrenditen der Wirtschaft partizipieren.

Richtig, aber das partizipieren an den Rekordrenditen funktioniert doch nicht mit einem Mindestlohn, sondern nur mit einer starken Tarifbindung. Wenn immer mehr Menschen aus der Gewerkschaft austreten, sind natürlich auch die Tarifabschlüsse nicht mehr so gut. Und das passiert ja seit Anfang der 90er. Die Arbeitnehmer sind an ihrer Situation quasi selbst schuld.

Der inzwischen allseits bekannte Friedrich Merz "verdiente" sich seine ersten bundespolitischen Sporen damit genau dieses Denken in der Bevölkerung zu verhindern. Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft wurde in der Phase ins Leben gerufen und später in der Schröderzeit dann auch konkret gegründet. Ziel dieses Thinktanks war und ist es, salopp formuliert, den Arbeitnehmern zu "erklären", dass sie die Füße still zu halten haben und es ihnen nur dann gut geht, wenn es den Besitzern des Unternehmens gut genug geht.

Damals entstanden auch die Gleichungen:
- Rekordgewinne = Lohnzurückhaltung um die Wirtschaft nicht zu gefährden damit Arbeitsplätze entstehen
- nur mäßige Gewinne = Lohnzurückhaltung um Arbeitsplätze nicht zu gefährden

Ja, das wird den Leuten exakt so eingetrichtert. Da wird dann auch gleich gesagt: „Wenn ihr die Gewerkschaft hier reinholt, müssen wir den Betrieb leider nach Osteuropa verlegen“ (Dietmar Hopp ist da kein Einzelfall) und die Arbeitnehmer glauben das. Die Angstkulisse funktioniert leider ziemlich gut. Dabei haben wir sehr starke Arbeitnehmerrechte, die leider nicht genügend wahrgenommen werden. Statt Betriebsräte zu gründen und die Gewerkschaft ins Boot zu holen, lässt man sich leider nach Strich und Faden verarschen. Und die Führungskräfte, die die ganze Kulisse aufrechterhalten lachen sich mit hohen Boni kaputt.

Der Witz ist, dass es unseren Firmen seit der Wiedervereinigung bis heute blendend ging. Sicher, es gab immer wieder auch schlechte Phasen für die Wirtschaft oder einzelne Branchen. Alles in allem waren die jährlichen Renditen der deutschen Firmen jedoch immer deutlich über den jährlichen Lohnsteigerungen. Ich habe vor einiger Zeit mal einen netten Artikel gelesen. Weiß nicht mehr wo. Aber wenn ich die Quintessenz des Artikels richtig behalten habe, könnten der Medianlohn, aber auch der Durchschnittslohn heutzutage drei Mal so hoch sein und die Gewinne der Unternehmen wären immer noch vier Mal so stark gestiegen als die Löhne. Ich hoffe ich habe das richtig behalten. Aber man müsste sich auch einfach nur die Renditen der deutschen Unternehmen mit den Lohnsteigerung gegenüber stellen um das zu prüfen. Daten findet man im Netz bestimmt dazu.

Falls du den Artikel wiederfinden solltest, immer her damit. Klingt interessant.

Feindliche Übernahme

pactum Trotmundense, Syburg, Sonntag, 04.10.2020, 10:32 (vor 1293 Tagen) @ pactum Trotmundense

Zweiter Teil, weil Zeichenbegrenzung:

Der Autokanzler und sein damaliger Vize von den Grünen, später bei BMW, sieht man eher als Verräter der Sozialdemokratie als Lafontaine.

Tja, das ist halt die Ironie der Geschichte. Politik findet in Hinterzimmern, Konferenzräumen und Verwaltungsstuben statt. Das hat den Vorteil, dass nur die, die am Ende ganz vorne stehen den Kopf hinhalten müssen. Die Typen aus den Hinterzimmern, Konferenzräumen und Verwaltungsstuben kennt schließlich keiner.

Lafontaine hat mit seiner Kolumne in der BILD und seinen Reden bei der WASG auch alles für eine Legendenbildung in eigener Sache getan. Auch sein Buch war gut gemachte Eigen-PR. Sein Wirken als Ministerpräsident und Vorsitzender der SPD lag da auch schon ein paar Jahre zurück. Der Mensch ist vergesslich und früher war sowieso alles besser. Wer weiß heute schon noch, dass in den 90ern das Grundgesetz im Asylbereich geändert wurde, geschweige denn, dass Lafontaine damals eine maßgebliche Rolle spielte? Wer weiß schon noch, was Lafontaine in seiner kurzen Zeit als Finanzminister alles durchpaukte, bzw. wer weiß denn noch, dass er mal Finanzminister war?

Nun, wie dem auch sei. Die SPD hat es sich selbst versaut und kriegt Dresche, die sie nicht zu 100% verdient hat, netterweise auch von Leuten, die Mittäter waren. Tja, that's life. Politik ist nicht fair. Nie gewesen. Aber das linke Spektrum in Deutschland braucht sich nicht wundern, dass es keine politische Mehrheit bekommt, wenn man dann doch alles dafür tut sich innerhalb des Spektrums gegenseitig kaputt zu schlagen. Wenn die Linkspartei nicht ihre Attitüde ablegt die SPD als Hauptgegner zu bekämpfen und die SPD nicht langsam mal anfängt ihre Verbitterung gegenüber der Linken wegen der Spaltungsgeschichte abzubauen, wird das nichts. Die Grünen sind keine dezidiert linke Partei. Schwarz-Grün wäre definitiv deutlich konservativere Politik als Schwarz-Rot. SPD und Linke haben es selbst in der Hand.


Würde mich echt mal interessieren, wer diesen ganzen langen Sermon tatsächlich gelesen hat.

Feindliche Übernahme

Philipp54, Sonntag, 04.10.2020, 14:37 (vor 1293 Tagen) @ pactum Trotmundense

Würde mich echt mal interessieren, wer diesen ganzen langen Sermon tatsächlich gelesen hat.

Danke dafür, wie Du Dich mit der Zeitgeschichte auseinander setzt.

Einige Dinge, wie das geänderte Asylrecht oder Einführung der Studiengebühr maßgeblich durch Lafontaine war mir nicht bekannt.

Schröder und Lafontaine brauchten sich gegenseitig, um Kohl abzulösen.
Dabei gehörte Lafontaine dem linken SPD-Flügel an, Schröder dem Wirtschaftsliberalen.
Der interne Machtkampf nach der Wahl war von 2 Alphatieren ausgelegt auf Du oder ich.
Die Verbindung Lafontaine/Wagenknecht ist genauso logisch, wie Kelly/Bastian

Beides sind Paarungen von 4 gescheiterten Politikern ...oder 4 wichtigen Fundamentalisten in der Oppositionsarbeit, je nach Sichtweise.

Plakativ steht für mich die Liaison der beiden Linken
für das Scheitern einer besseren Integration von West-und Ostdeutschland und
Schröders "erfolgreicher Weg zu einem Wirtschaftsboss jetzt in einem luftleeren Raum für die Rest-SPD.

Die Liason zwischen Kelly und Bastian und deren Lebensentscheidungen für das "Freimachen" einer Koalition mit der SPD und für einen "Kriegsaußenminister" bei Entscheidungen zu Überflugrecht, Unterstützung von aggressiven Angriffskriegen der Amerikaner und Panzereinsatz in Kuwait(?).
Fischer ist höchst interessant für die Wirtschaft und als Berater durch seiner Reputation als Außenminister heraus.
Das sich unter diesen Umständen eine Politik zusammen mit der CDU entwickeln kann, verwundert mich nicht.
Der Wechsel von Grün nach Rot wie bspw. bei Schily (Gründungsmitglied der Grünen) hat sich gewandelt in Wechsel von Grün zur CDU und umgekehrt, nicht nur bei den Wählern. Die Rest-SPD fordert nun vermehrt rot-rot-grün- Der Zug ist mehrheitsmäßig längst abgefahren und die CDU/CSU braucht eine Partei links von ihnen. An dem Thema Asylrecht kommen auch die Grünen nicht vorbei und müssen genauso aufpassen, kein Beifall von der falschen Seite zu bekommen, wie Wagenknecht. Am Thema Klimaschutz kommt auch kein Wahlkampf mehr vorbei, genauso wie an gesunder Ernährung, den Kernthemen der Grünen.
Es brauchte eine Generation, um sich von der Ära Fischer zu erholen.

Ich bin beim Klicken an einer Magisterarbeit von 2000 hängen geblieben, die sich kritisch mit der Rolle von Lafontaine im Wahlkampf 1990 auseinander setzt. Meine daraus lesen zu können, dass sich Lafontaine nicht ´98 gewandelt hat, sondern durch Rot-Grün in die Position gekommen ist, die Denkensweise umzusetzen.

Hätte die CDU versucht, solche Reformen als Regierungspartei durchzusetzen, wäre es zu Revolten gekommen.


Naja, ich verweise auf die Rolle und Ergebnisse im Vermittlungsausschuss. Eigentlich ist es danach ein Gesetz der CDU gewesen.

Ich kann mir absolut nicht vorstellen, dass es einen Vermittlungsausschuss mit einem solchen Ergebnis in einer Opposition mit der SPD gegeben hätte.
Dafür bedurfte es einer gehörigen Portion Aufgabe sozialdemokratischer Denkensweise zum Erhalt der Macht.

Ich wünsche Dir eine schnelle Genesung.

Feindliche Übernahme

Garum, Bornum am Harz, Sonntag, 04.10.2020, 11:24 (vor 1293 Tagen) @ pactum Trotmundense

Würde mich echt mal interessieren, wer diesen ganzen langen Sermon tatsächlich gelesen hat.

Ich habe es gelesen und bin erstaunt was bei mir so alles vorbei gegangen ist. Schöne Fleißarbeit 1 Setzen und verdienten schönen Sonntag und weiterhin gute Besserung.

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brummbaer, Sonntag, 04.10.2020, 11:01 (vor 1293 Tagen) @ pactum Trotmundense


Würde mich echt mal interessieren, wer diesen ganzen langen Sermon tatsächlich gelesen hat.

Ich! c;

Finde es auch sehr interessant, da auf viele deiner "Wer weiß denn schon..."-Fragen meine Antwort "ich nicht" lautet.
Schönen Sonntag!

Feindliche Übernahme

Foreveralone, Dortmund, Samstag, 03.10.2020, 22:35 (vor 1294 Tagen) @ Philipp54

Warum sehen viele in Deutschland Herr Lafontaine so negativ?


Er war der erste Ministerpräsident, der Studiengebühren einführte. Er war auch der erste Ministerpräsident, der den Bundesrat für Parteipolitik missbrauchte um die Bundesregierung zu torpedieren. Nicht zu vergessen wie er einen Anti-Asyl-Kompromiss mit der Union vereinbarte und in der Partei durchboxte. Danach wurde das Grundgesetz geändert und das Asylrecht beschnitten.

Auch habe ich nicht vergessen wie er Schröders Bemühen um die Einführung eines Mindestlohns direkt im Keim erstickte. Als Finanzminister hat er die massivsten Steuersenkungen für das obere 10% der Bevölkerung in der Geschichte der Bundesrepublik eingefädelt und umgesetzt. Kurz danach hat er sich unter fadenscheinigen Begründungen verpisst, weil Schröder sich nicht von Lafontaine regieren lassen wollte.

In der Folge hat er alles getan um der SPD maximalen Schaden zuzufügen, nur aus gekränktem Ego heraus. Auf einmal entdeckte er, dass sein Herz angeblich links schlägt, nachdem er selbst stets rechte SPD-Politik betrieben hat. Dinge, die er selbst zuvor bekämpft hat, wie den Mindestlohn, hat er auf einmal vehement gefordert. Auf der anderen Seite verurteilte er die Steuersenkungen, die er selbst gemacht hat. Er sorgte mit dafür, dass es eine Parteispaltung gab, nur um diese Spaltung dann einer anderen Partei zuzuführen wie eine willige Hure. Dem Mann ging es immer nur um sich selbst, nie um seine Partei und schon gar nicht um die Menschen.

Ich bin wahrlich kein Freund der SPD. Dass die Union aber keinen ernsthaften Widersacher in der politischen Landschaft hat, ist jedoch maßgeblich dem Wirken von Oskar Lafontaine zu verdanken.


Naja, die Zerstörung der Gewerkschaften, Argenta, Hartz4 lasstet man Schröder an.
Hätte die CDU versucht, solche Reformen als Regierungspartei durchzusetzen, wäre es zu Revolten gekommen.
Der Autokanzler und sein damaliger Vize von den Grünen, später bei BMW, sieht man eher als Verräter der Sozialdemokratie als Lafontaine.

So ist es.

Es ist im Grunde allgemeiner und auch polit-wissenschaftlicher Konsens, dass der Putin-Bro den Abgesang mit herbei geführt hat.

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pactum Trotmundense, Samstag, 03.10.2020, 20:29 (vor 1294 Tagen) @ pactum Trotmundense

Vielen Dank für diese Details, die ein anderes Bild malen als das, welches ich hatte. Ich glaubte schon, dass er eitel ist und ein wenig bigott (als Millionair), aber das mit Steuern und Studiengebühr wusste ich nicht. Ich kam wegen Fußball hierher und lerne viel über deutsche Politiks und Gesellschaft.

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Foreveralone, Dortmund, Samstag, 03.10.2020, 19:23 (vor 1294 Tagen) @ PackieBonner

Lafontaine war damals Heilsbringer für uns.


Die Wahl hat den Mann verändert. Danach wurde er zunehmend ein richtiges Arschloch.


Warum sehen viele in Deutschland Herr Lafontaine so negativ? Meine Frage ist ernst, es ist keine Kritik an deine Meinung. Ich beschäftige mich mit deutscher Politik, aber aus der Entfernung. Mir schien Lafontaine mehr intelligent und gebildet als viele andere deutschen Politikern. Er hat die SPD exitiert, das ist kein Verbrechen. Er hat, wenn ich alles richtig verstehe, eine kritische Perspektive auf Immigration. Auch das ist nicht verboten, er bringt solide Argumente zu seinem Punkt. Warum ist er ein "Arschloch"?

Eben wohl deswegen. Das gilt ja auch für die Wagenknecht. Eine hochintelligente Frau mit Sinn für pragmatische, aber auch soziale Politik.

Aber klar, die will keine Asylanten, sondern nur toitschen Sozialismus!!1

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Foreveralone, Samstag, 03.10.2020, 20:38 (vor 1294 Tagen) @ Foreveralone

Lafontaine war damals Heilsbringer für uns.


Die Wahl hat den Mann verändert. Danach wurde er zunehmend ein richtiges Arschloch.


Eben wohl deswegen. Das gilt ja auch für die Wagenknecht. Eine hochintelligente Frau mit Sinn für pragmatische, aber auch soziale Politik.

Aber klar, die will keine Asylanten, sondern nur toitschen Sozialismus!!1

Auch danke (den letzten Satz verstehe ich leider nicht). Frau Wagenknecht ist in ihre Meinung identisch mit Herr Lafontaine, nicht wahr?

Feindliche Übernahme

Franke, Sonntag, 04.10.2020, 01:46 (vor 1293 Tagen) @ PackieBonner

Lafontaine war damals Heilsbringer für uns.


Die Wahl hat den Mann verändert. Danach wurde er zunehmend ein richtiges Arschloch.


Eben wohl deswegen. Das gilt ja auch für die Wagenknecht. Eine hochintelligente Frau mit Sinn für pragmatische, aber auch soziale Politik.

Aber klar, die will keine Asylanten, sondern nur toitschen Sozialismus!!1


Auch danke (den letzten Satz verstehe ich leider nicht).

teutsch ist eine veraltete Form von deutsch. Wer das Wort teutsch oder gar toitsch benutzt, der will das Nationale betonen - oder hier die (vielleicht auch nur angebliche) Betonung des Nationalen kritisieren.

Frau Wagenknecht ist in ihrer Meinung identisch mit Herr Lafontaine, nicht wahr?

Die beiden sind ja auch ein Paar.

Feindliche Übernahme

Schleicheisen, Anner Rur ohne "h", Samstag, 03.10.2020, 12:15 (vor 1294 Tagen) @ Eisen
bearbeitet von Schleicheisen, Samstag, 03.10.2020, 12:19

Wieso keine Fusion, wieso musste die DDR in die BRD brutal integriert werden?

Das war ja zu Beginn des Prozesses auch das erklärte Ziel der Intellektuellen des "Neuen Forum" von denen einige den volkswirtschaftlichen Verfall der sofortigen Widervereinigung vorhergesehen hatten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Neues_Forum

Im Westen gab es auch Unterstützer eines Zwei- Staaten Konzeptes, hier vor allem von Herrn Lafontaine vorgetragen der damals ja noch Sozi war.

Der hatte auch Steuererhöhungen zur Finanzierung der Einheit für unumgänglich gehalten was von Birne vehement verneint wurde. Deshalb musste man das dann "Soli" nennen und den hat es ja wie geplant nur ein Jahr gegeben...

"Das Volk" hat aber bekanntlich zuerst mit den Füssen abgestimmt und wollten ins neue bunte Deutschland, dazu die in der Grossindustrie absolut rückständige Technik, mkatastrophale Infrastruktur: selbst wenn man erstmal irgendeinen assoziierten, selbstständigen Staat installiert hätte wäre es wohl nicht viel anders gekommen.

Und bei den Versprechungen, die ihnen zum Teil im Überschwang der Situation und zum Teil aus politischem Kalkül gemacht wurden, hätte man schon sehr sehr gute Argumente benötigt um wenigstens ein paar Leuts im Land zu halten.

So hat Birne entschlossen seine Chance ergriffen (ich fand den Mann fürchterlich aber entschlossen war er ja öfter mal...) und mit dem 10 Punkte Plan und der Volkskammerwahl 1990 mit dem klaren Sieger CDU war der weg dann ja vorgezeichnet- wenn sich alles in so atemberaubender Geschwindigkeit verändert nehmen sich nur wenig Leute Zeit in Ruhe nachzudenken...

Und so haben wir dann nochmal 7 Jahre Kanzler Kohl bekommen was ich gerade in Bezug auf die europäische Finanzpolitik für ein echtes Problem halte- ich bin mir ziemlich sicher dass er die reguläre nächste Bundestagswahl, die 1991stattgefunden hätte wenn eben die wiedervereinigung nicht dazwischen gekommen wäre ;-), nicht als Kanzler erlebt hätte.

Wollte wennte könnte- nu isses wie es ist und gleich spielt Borussia :-)

Feindliche Übernahme

Guido, Samstag, 03.10.2020, 12:08 (vor 1294 Tagen) @ Eisen

Habe ich die Woche mal drüber nachgedacht. Wieso keine Fusion, wieso musste die DDR in die BRD brutal integriert werden? Hätte man nicht sich nicht eine neue gemeinsame Verfassung geben und eventuelle institutionelle Schwächen der BRD ausmerzen können und gute Dinge der DDR übernehmen?

Die DDR war ein Unrecht-Staat. Ein "Zusammenwürfeln" wäre doch einer politischen Amnestie von Stasi u.a. gleichgekommen. Was richtig ist, dass es auch in Ostdeutschland Dinge gab, die gut und sogar besser funktioniert haben als im Westen. Dies zu erkennen hat sicherlich bei vielen etwas gedauert. Aber im Rückblick hat man auch durchaus gute Dinge der ostdeutschen Gesellschaft übernommen. Dazu gehören vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Ausbau staatlicher U3-Kinderbetreuung. Ich bezweifle, dass dieser Fortschritt ohne Impulse aus dem Osten möglich gewesen wäre, so dass dies heute so selbstverständlich ist, dass man nicht erkennt, dass man in Ostdeutschland schon vor 30 Jahren so weit war.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

Taifun, Ingolstadt, Samstag, 03.10.2020, 10:18 (vor 1294 Tagen) @ Rupo

So ist es.

Es gibt noch viele Probleme, sowohl rein wirtschaftlicher Art im Osten als auch Verständnisprobleme für ehemalige Ostdeutsche. Gerade gestern gab es lange Diskussionen zum Thema Unrechtsstaat. Mich schockiert es, dass die DDR tatsächlich von vielen nicht so gesehen wird.

Aus den Gründen sehe ich noch nicht, dass die Situation in 10 oder 20 Jahren anders ist.

Ich bin mit der Vereinigung für mich sehr glücklich. Ich weiß wo ich am Tag nach dem Mauerfall gewesen bin und aus meiner Sicht war das ein sehr wichtiger und guter Tag für Deutschland.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

hamwa, Samstag, 03.10.2020, 22:45 (vor 1294 Tagen) @ Taifun

So ist es.

Es gibt noch viele Probleme, sowohl rein wirtschaftlicher Art im Osten als auch Verständnisprobleme für ehemalige Ostdeutsche. Gerade gestern gab es lange Diskussionen zum Thema Unrechtsstaat. Mich schockiert es, dass die DDR tatsächlich von vielen nicht so gesehen wird.

Die DDR war kein Unrechtsstaat. Das würde ja bedeuten dass z.B alle Ehen die dort beschlossen worden sind, annulliert werden müssten. Die DDR war dagegen eine Dikataur. Klingelingeling hier kommt der Weihnachtsmann.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

tim86, Hamburg, Sonntag, 04.10.2020, 02:13 (vor 1293 Tagen) @ hamwa

Das sieht das BGH anders, dieses hat am 21.11.94 im "Az.: AnwZ (B) 54/94" die DDR sowohl als Unrechtsstaat, als auch als Unrechtsregime bezeichnet.

Die Bezeichnung "SED Unrechtsregime" findet man auch im Einigungsvertrag mit der DDR.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

Taifun, Ingolstadt, Samstag, 03.10.2020, 23:23 (vor 1294 Tagen) @ hamwa

Das ist eine Spitzfindigkeit. Es gibt also weder einen Rechtsstaat, noch einen Unrechtsstaat.

Gibt es auch keinen schlechten Koch, weil der es schafft ein Spiegelei zu braten?

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

hamwa, Samstag, 03.10.2020, 23:52 (vor 1294 Tagen) @ Taifun

Das ist eine Spitzfindigkeit. ...

...Gibt es auch keinen schlechten Koch, weil der es schafft ein Spiegelei zu braten?

Das ist korrekt. Zu behaupten die DDR sei ein Unrechtsstaat ist eine Spitzfindigkeit und Ablenkung. So könnte man auch behaupten (zurecht?) die BRD sei ein Unrechtsstaat. Ein guter Koch benennt daher sein Menü richtig.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

dozer, Samstag, 03.10.2020, 11:11 (vor 1294 Tagen) @ Taifun

Ich finde es jedes Jahr aufs neue erschreckend, dass es noch immer Unterschiede zwischen Ost und West gibt. Renten, Löhne, etc. Da hat die Politik für mich komplett versagt.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

Taifun, Ingolstadt, Samstag, 03.10.2020, 16:00 (vor 1294 Tagen) @ dozer

Man sollte nicht vergessen, dass die Lebenshaltungskosten im Osten niedriger sind als im Westen, Süden oder Norden.

Grundsätzlich ist es für Politik schwer Unternehmen anzusiedeln. Dazu sind in erster Linie Arbeitnehmer notwendig, welche die richtigen Qualifikationen haben. Und zusätzlich geht viel nur über Subventionen und geringen lokalen Steuern.

Ich kenne Dresden ganz gut: Im IT-Bereicht arbeitet die Uni gut und dementsprechend gibt es sehr viele junge und gute IT-ler. Aus meiner Sicht muss in die Bildung und natürlich auch die Hochschul-Bildung investiert werden. Dann kommen die Jobs automatisch.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

bigfoot49, Leipzig, Samstag, 03.10.2020, 18:33 (vor 1294 Tagen) @ Taifun

Man sollte nicht vergessen, dass die Lebenshaltungskosten im Osten niedriger sind als im Westen, Süden oder Norden.


Hochja, das alte Totschlagargument, was falscher nicht sein könnte.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

Taifun, Ingolstadt, Samstag, 03.10.2020, 23:25 (vor 1294 Tagen) @ bigfoot49

Mh, nachdem ich 6 Jahre in einer Dresdener Firma gearbeitet habe und sicher 60 mal in Dresden war kann ich das ganz gut beurteilen. Die Mieten sind geringer, das haben Vergleiche damals klar gemacht. Auch ein Neubau ist weit günstiger als z.B. bei Nürnberg oder München.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

Franke, Samstag, 03.10.2020, 11:22 (vor 1294 Tagen) @ dozer

Ich finde es jedes Jahr aufs neue erschreckend, dass es noch immer Unterschiede zwischen Ost und West gibt. Renten, Löhne, etc. Da hat die Politik für mich komplett versagt.


In München fehlen Wohnungen, anderswo in Bayern fehlen Bewohner. Es wird immer Unterschiede geben, zwischen Stadt und Land, Nord und Süd, West und Ost.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

dozer, Samstag, 03.10.2020, 12:32 (vor 1294 Tagen) @ Franke

sorry, aber das zu vergleichen passt nicht wirklich.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

pactum Trotmundense, Syburg, Samstag, 03.10.2020, 14:37 (vor 1294 Tagen) @ dozer

sorry, aber das zu vergleichen passt nicht wirklich.

Doch, der passt. Unterschiede gibt es immer, wird es immer geben. Es ist unmöglich alle Menschen und Regionen gleich zu machen.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

dozer, Samstag, 03.10.2020, 19:23 (vor 1294 Tagen) @ pactum Trotmundense

Deswegen gibt es in gesamt "Westdeutschland" eine höhere Rente als im "Osten"...

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

Franke, Sonntag, 04.10.2020, 02:51 (vor 1293 Tagen) @ dozer

Deswegen gibt es in gesamt "Westdeutschland" eine höhere Rente als im "Osten"...

Rentner im Osten bekommen wegen der durchgängig längeren Beschäftigungszeiten in der früheren DDR mehr Rente als Ruheständler im Westen. (Der Text ist von 2008.)

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

Klopfer ⌂, Dortmund, Samstag, 03.10.2020, 13:16 (vor 1294 Tagen) @ dozer

sorry, aber das zu vergleichen passt nicht wirklich.

Natürlich passt der Vergleich.
Oder mal anders, der Unterschied zwischen dem Nordosten Bayerns, dem Südosten Hessens und dem Westen von Thüringen ist strukturell gesehen minimal.
Der Unterschied zwischen der Region Lepzig und bspw. der Niederlausitz ist dagegen weit größer.

In jedem Staat gibt es diese großen Unterschiede, der Unterschied ist das Neidphänomen in den Köpfen der Deutschen. Wenn wir aufhören könnten, immer darum zu jammern, wer am meisten verloren hat, dann könnten wir auch damit anfangen für alle mehr zu gewinnen. Das ist der Schritt, der fehlt.

SGG
Klopfer

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

Foreveralone, Dortmund, Samstag, 03.10.2020, 19:37 (vor 1294 Tagen) @ Klopfer

sorry, aber das zu vergleichen passt nicht wirklich.


Natürlich passt der Vergleich.
Oder mal anders, der Unterschied zwischen dem Nordosten Bayerns, dem Südosten Hessens und dem Westen von Thüringen ist strukturell gesehen minimal.
Der Unterschied zwischen der Region Lepzig und bspw. der Niederlausitz ist dagegen weit größer.

In jedem Staat gibt es diese großen Unterschiede, der Unterschied ist das Neidphänomen in den Köpfen der Deutschen. Wenn wir aufhören könnten, immer darum zu jammern, wer am meisten verloren hat, dann könnten wir auch damit anfangen für alle mehr zu gewinnen. Das ist der Schritt, der fehlt.

SGG
Klopfer

Wenn wir diese Betrachtung mal aufs In- und Ausland erweitern, wird aber gleich anders argumentiert. Zwischen den Staaten gibt es nämlich auch große Unterschiede. Da wird dann immer an die Verantwortung der reicheren Länder erinnert.


Und hört doch mal echt mit diesem dümmlichen Neidgewäsch auf. Es geht hier um existentielle Sicherheiten bzw um ein gewisses Maß an Lebensqualität.

Wenn man gegen den Nachbar stichelt weil Porsche fährt, während man selbst nur einen Audi A3 sein eigen nennt, dann können wir gerne von Neid reden.

Wirklich Leute: Die Verachtung gegenüber den unteren Einkommensschichten und einfachen Leuten ist wirklich zum brechen. Schämt Ihr euch eigentlich garnicht?
Manche machen hier nichtmal mehr einen Hehl daraus, wie moralisch verkommen sie diesbezüglich sind.

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

Ravenga, In der Ruhr liegt die Kraft, Sonntag, 04.10.2020, 04:41 (vor 1293 Tagen) @ Foreveralone

Und hört doch mal echt mit diesem dümmlichen Neidgewäsch auf.

Danke!

[Politik] Derweil in Deutschland: 30 Jahre

pactum Trotmundense, Syburg, Samstag, 03.10.2020, 20:03 (vor 1294 Tagen) @ Foreveralone

Wirklich Leute: Die Verachtung gegenüber den unteren Einkommensschichten und einfachen Leuten ist wirklich zum brechen. Schämt Ihr euch eigentlich garnicht?

Nur weil du das in die Aussagen der Leute herein interpretierst, sind die Aussagen nicht gleich verachtend.

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