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Donald bei der CIA (Sonstiges)

Alones, Montag, 23.01.2017, 17:31 (vor 2642 Tagen) @ AdamSmith

Nur noch soviel: Bannon, einer der Vordenker der "Alternative Right" Rassisten bezeichnet sich selber als Rassist, wie viele andere Prominente aus dem Segment auch. Sie philosophieren offen über white supremacy und black holocaust. Antisemitische Hetze ist dort genauso zu finden. Es ist also richtig, sie als Rassisten und Faschisten zu bezeichnen. Ich würde eher sagen, dass man den Nationalsozialismus verharmlost, wenn man ihn auf eine Stufe mit Faschisten wie Mussolini setzt. Andererseits: Leute wie Bannon arbeiten mit Methoden, die auch die Nationalsozialisten angewandt haben: Etwa die Zerstörung von Institutionen, die sie daran hindern ihre Ideen umzusetzen.

Dennoch gibt es noch einen großen Unterschied zwischen Rassismus und Faschismus. Zum Faschismus gehört nämlich auch ein autoritäres System, das unter konsequenter Gewaltausübung Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hauptfarbe oder Religion ausgrenzt und unterdrückt. Das kann ich bislang nicht erkennen. Wenn man das gegenwärtige System in den USA als faschistisch bezeichnet, dann war es auch schon zuvor faschistisch. Denn in 3 Tagen kann selbst die Trump-Administration keinen Faschismusstaat errichten.

Dass es Leute in der Regierung gibt, die man durchaus rassistisch bezeichnen kann, ist eine andere Geschichte. Trump selbst ist für mich ebenfalls ein Rassist. Das habe ich jedoch auch nie bestritten. Leider ist das ein Problem, das in den USA niemals verschwunden ist. Selbst unter dem Präsidenten Obama sind die Rassenunruhen zurückgekhrt und haben zu teilweise bürgerkriegsähnlichen Zuständen geführt. Auch die Mauer zwischen Mexiko und den USA wurde unter Obama massiv ausgebaut. Wo blieb da allerdings der Aufschrei in der Vergangenheit?

Genau das ist das Problem, das ich damit habe, wenn "Linke" wohlwollend gegenüber Trump sind. Die "bestehenden Machtverhältnisse" (tm) in Frage zu stellen ist ihnen ideologisch so viel wichtiger als über die historischen Gründe und möglichen Konsequenzen nachzudenken. Ein bisschen Unsicherheit kann man ja in Kauf nehmen, um "bestehende Machtverhältnisse" (tm) zu Fall zu bringen. Das ist nicht mehr links, sondern reaktionär. Und man stellt sich vollkommen zurecht die Frage, warum die neuen Rechten in ehemaligen Arbeiterhochburgen so erfolgreich sind. Weil das Orginal im zweifel attraktiver ist als die Kopie. [Genau wie niemand auf fliegenden Märkten den Originalpreis für Trikots zahlt.]

Wo sind denn Linke wohlwollend gegenüber Trump? Es gibt einen großen Unterschied zwischen wohlwollend und einer sachlichen sowie differenzierten Auseinandersetzung mit der Person Trump. Es ist doch kein Widerspruch, wenn man beispielsweise auf der einen Seite seinen Rassismus, Narzissmus und die geplante Bankenderegulierung kritisiert, aber gleichzeitig auch die positiven Seiten seines Programms sieht: Mögliche Annäherung an Russland (ich weiß, für dich eine Horrorvorstellung), kein TTIP und TPP (eine weitere Horrorvorstellung für dich) und ein großes Investitionsprogramm in die marode Infrastruktur. Aber gut, wenn du den Linken unbedingt eine Mitschuld geben möchtest, dann bitte. Dann übersiehst du jedoch die wahren Gründe. Und diese liegen darin begründet, dass die politischen und wirtschaftlichen Eliten das Land Jahrzehnte lang konsequent ausgenommen haben. Wenn der Arbeiter in Michigan seinen Arbeitsplatz verloren hat, weil das Unternehmen nach Mexiko ausgewandert ist, um dort billiger produzieren zu können, soll das die Schuld der Linken sein, weil diese den Frust nachvollziehen können und versuchen Lösungen anzubieten, die nichts mit Rassismus oder Diskriminierung zu tun haben? Sehr eigenwillige Logik.

Ja, was soll passieren wenn Trump die Institutionen, die für den enormen Wohlstandswachstum und 70 Jahre Frieden in Europa in Frage stellt. EU, NATO, WTO oder OSZE. Bannons Hetzschrift pünktlich zu den Wahlen in Frankreich und Deutschland mit Lokal-ausgaben kommt, Fox News traditionelle Konservative durch Schwätzer wie Farrage ersetzt.

Und was ist falsch daran diese Institutionen in Frage zu stellen? Die WTO hat keinerlei Wohlstand nach Afrika gebracht. Das Gegenteil ist der Fall. Der gesamte Kontinent verarmt und dann wundert man sich, warum die Leute zu uns nach Europa kommen, bevor sie verhungern. Die NATO ist zum aggressivsten Militärbündnis der Welt geworden und hat unfassbares Leid über den Nahen Osten gebracht. Und die EU leidet unter einem erheblichen Demokratiedefizit. Es gibt genug Gründe, diese Insitutionen zu kritisieren. Dass dieses Kritik von Rechtspopulisten dazu genutzt wird, um sie für ihre eigenen politischen Zwecke zu instrumentalisieren, ändert nichts daran, dass diese grundsätzlich berechtigt ist.

Hart gegen China: Wenn man das Weltgeschehen aufmerksam verfolgen würde, wäre einem klar, dass Obama mit seiner Neuausrichtung nach Asien viel effektiver darin war, China in das internationale System einzubinden. Niemand profitiert von dem aktuellen Kurs Trumps so sehr wie China selber, ob es die Aufgabe von TPP ist, die Kritik an der Ein-China-Poltitk oder mögliche Handelssanktionen. Ironischer Weise war in der russischen Begleit-Propaganda zur US-Wahl immer zu hören, dass man Trump wählen muss, wenn man einen Konflikt in der Südchinesischen See vermeiden möchte und das Clinton gefährlich ist, weil sie die Obama-Politik fortführt.

Auch hier warte ich erst einmal ab, wie sich das alles entwicklen wird. Ein stimmiges Konzept kann ich in der China-Politik bislang nicht erkennen. Dennoch hat sich der Konflikt im Südchinesischen Meer bereits lange Zeit vor Trump zugespitzt. Im Moment sieht es eher danach aus, dass es Trump vielmehr auf einen Handelskrieg anlegt, anstatt auf eine militärische Konfrontation. Aber das bleibt abzuwarten.

Wohlwollend Israel gegenüber: Das ist niedlich. Außerhalb des von interessierten Kreisen verbreiteten Mythos, das Obama Israel verraten hat, war die Obama-Regierung weitaus Israel-freundlicher als etwa die Bush- oder Reagan-Regierungen. Das ganze wird von berechtigter Kritik zum Siedlungsvorhaben überdeckt und dem Iran-Deal, der in israelischen Sicherheitskreisen überwiegend auf Zustimmung stößt.

Ich bin kein sonderlich großer Befürworter der Israel-Politik von Trump. Anscheinend ist Trump gewillt, die Annexionspläne Israels komplett zu unterstützen und die Konfrontation mit dem Iran zu suchen. Woher diese blinde Isreal-Hörigkeit kommt, kann ich nicht beurteilen. In erster Linie möchte er wohl einen besseren Deal mit dem Iran auszuhandeln, wie auch immer dieser seiner Vorstellung nach aussehen mag.

Wohlwollend Russland gegenüber: Das Putin-Regime ist der aktuell größte Aggressor in Europa, man hat die Krim illegal annektiert, besetzt Teile der Ukraine und Georgiens, simuliert regelmäßig taktische Atomangriffe auf diverse europäische Städte (Stockholm, Riga). Man finanziert oder arbeitet in nahezu jedem EU-Land mit Anti-EU Parteien zusammen. Lädt Petry und LePen und Hofer nach Moskau ein, wo sie gemeinsam mit Dugin ihre Propaganda abstimmen.

Die NATO selbst ist immer noch der größte Aggressor in Europa und weltweit. Wer hat in den letzten zahlreiche Länder kaputt gebombt? Wer hat zahlreiche Regimes gestürzt? Wer hat unzählige Male das Völkerrecht gebrochen? Wer hat den Aufstieg vom IS überhaupt erst möglich gemacht? Wer hat Tausende von Soldaten ins Baltikum verlegt? Wer fliegt regelmäßig mit Kampfjets bis kurz vor die russische Grenze heran? Wer hat den ABM-Vertrag einseitig gekündigt? Wer betreibt zahlreiche NGOs und Think Tanks in Russland, um einen Regime-Change vorzubereiten? Wer hat den Putsch in der Ukraine durchgeführt und danach den Großteil des Landes an den Westen ausverkauft? Etc. Diese Liste könnte sich noch ewig weiter fortsetzen lassen.

Entweder man ist bereit einzusehen, dass beide Seiten in der Vergangenheit Fehler gemacht haben und versucht eine konstruktive Lösung zu finden, oder führt weiterhin ideologisch-verblendente Diskussionen und lässt die Lage weiter eskalieren. Was soll z.B. an Trumps Ansatz schlimm sein, Sanktionen im Gegenzug für nukleare Abrüstung abzubauen? Mittlerweile ist es doch schon soweit, dass nukleares Abrüsten als etwas Negatives empfunden wird.

Ich hätte es auch kurz halten können: Ich habe mit dieser Ideologie so grundlegende Differenzen, dass es keine Alternative als absolute Opposition. Wenn die Republikanische Partei unter Trump genauso scheitert wie in Kalifornien nach Proposition 187 in 1994 kann ich damit leben. Das gilt auch für den Brexit, von dem ich hoffe, dass er scheitert, entweder in dem er im letzten Moment abgesagt wird, nachdem er schon massiven wirtschaftlichen Schaden verursacht hat, oder wenn er wieder besseren Wissens durchgezogen wird, das Land wirtschaftlich um Jahre oder Jahrzehnte zurückwirft. Das wird für viele Menschen bitter und es wird Menschen die Existenz kosten, die es so nicht erwartet haben, weil sie leeren Versprechungen geglaubt haben.

Offensichtlich hast du auch mit jeglicher Linken-Ideologie sowie jeder anderen Ideologie, die nicht ansatzweise deinem eigenen Weltbild entspricht, grundlegende Differenzen. Dieser Auffasung kann man ja sein, hat aber nichts mit politischem Pragmatismus zu tun. Fakt ist, dass Trump nun einmal der gewälte Präsident ist und man sich mit ihm arrangieren muss. D.h. nicht, dass man ihn nicht auch kritisieren kann, aber doch bitte auf einem Niveau, das über angebliche Urinpartys in Moskau hinausgeht.


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